Ausgangssituation und erste Vorläufer-Entwicklungen
Anfang der 1990er Jahre trat immer deutlicher zu Tage, dass die im schweren und schnellen InterCity-Dienst stehenden E-Loks der Baureihe 103 verschlissen waren. Bei jährlichen Laufleistungen von bis zu 350.000 Kilometern hatten die für die Bespannung schneller und schwerer Züge konstruierten Loks zunehmend Schäden am Schaltwerk, den Fahrmotoren und den Drehgestellrahmen. Die Tatsache, dass im Rahmen des Programms DB 90 zwecks Kostenoptimierung zum Fahren auf Verschleiß übergegangen war, verstärkte den Effekt zusätzlich. Ein Ersatz für die 145 Lokomotiven war kurzfristig erforderlich und machte eine Neubeschaffung nötig, da auch wegen der Wiedervereinigung Deutschlands und des Ausbaus von Schnellstrecken in den neuen Ländern ohnehin ein Mangel an schnelllaufende E-Loks, trotz der Beschaffung von ICE-Zügen bestand.
Die DB forderte von der deutschen Bahnindustrie Angebote für neue Hochleistungslokomotiven an. Siemens und Krauss-Maffei hatten mit dem Eurosprinter Baureihe 127 bereits einen Prototypen auf den Schienen, und AEG Schienenfahrzeugtechnik konnte sehr bald ein fahrfähiges Vorführmuster ihres Konzeptes 12X, die spätere 128 001, präsentieren. ABB Henschel hatte keinen modernen Prototypen, sondern lediglich ein Konzept mit dem Namen Eco2000 und eine Technologie-Demonstration auf Basis von zwei damals bereits 15 Jahre alten umgebauten Vorserien-120ern.
Bei der Komponenten-Entwicklung für die Eco2000 stützte man sich auf Vorserien-Loks der Baureihe 120, 120 004 und 005, die von ABB bereits 1992 umgebaut wurden, um neue Technologien in der Praxis erproben zu können. Die 120 005 hatte neue Stromrichter auf Basis von GTO-Thyristoren und eine neue Bordelektronik erhalten, 120 004 darüber hinaus auch vom ICE adaptierte Drehgestelle, die später die Baureihe 101 erhielt und einen biologisch abbaubaren Polyol-Ester als Kühlmittel für den Haupttransformator. Beide Loks legten in dieser Konfiguration große Strecken im planmäßigen IC-Dienst störungsfrei zurück.
Für viele Beobachter überraschend, vergab die DB den Auftrag über die neue Baureihe 101 dann 1994 an ABB Henschel. Die anderen Hersteller bekamen auf Basis ihrer Prototypen Entwicklungsaufträge für die Baureihen 145 (AEG) und 152 (Siemens/Krauss-Maffei). Da man zu diesem Zeitpunkt davon ausging, dass der Fernverkehr in wenigen Jahren ohnehin komplett auf ICE-Triebzüge umgestellt würde, war die 101 so auszulegen, dass sie auch im schnellen Güterzugdienst (z.B. InterCargo-Züge mit bis zu 160 km/h) verwendbar sei.
Die erste Lokomotive, 101 003, hatte im Sommer 1996 ihr Rollout. Sie war, wie die ersten vier Loks dieser Baureihe noch im orientroten Farbschema ausgeführt. Zwischenzeitlich hatte ABB Henschel mit AEG Schienenfahrzeugtechnik zu ADtranz fusioniert, so dass die Lokomotivkästen nun teilweise in Hennigsdorf und teilweise in Kassel gebaut wurden. Die in Hennigsdorf geschweißten Lokomotivkästen wurden dabei mit Tiefladern über die Autobahn nach Kassel geschafft, wo sie auf ihr Fahrgestell, das in Breslau (Polen) gefertigt wurden, gesetzt und betriebsfertig ausgerüstet wurden. Insgesamt wurden 145 Stück beschafft, die buchmäßig zum Betriebshof Hamburg-Eidelstedt gehören (dort finden die „mittelgroßen“ Wartungen statt).
Zudem sind diverse Maschinen als Werbelokomotiven mit verschiedenen bunten Teil- oder Ganzreklamen unterwegs.